Die Ausgestaltung von Minderheitsbeteiligungen durch Family-Equity-Investoren an Familienunternehmen

Wenn Anteile an Familienunternehmen außerhalb des engeren Familienkreises übertragen werden sollen, gibt es für die Beteiligung von Family-Equity-Investoren verschiedene Möglichkeiten. Darüber, wie eine Anteilsübernahme gestaltet werden kann, spricht Jörg Hueber mit Oliver Wunsch, Partner bei VOIGT WUNSCH HOLLER in Hamburg.

Minderheitsbeteiligung durch Family Equity

 

Jörg Hueber: In der Diskussion über die Möglichkeiten einer Übertragung von Anteilen oder der Erhöhung des Eigenkapitals an einem Familienunternehmen liegt der Wunsch nach einer innerfamiliären Lösung nahe. Der Gedanke an eine Öffnung des Gesellschafterkreises bedeutet für die Inhaberfamilie oftmals eine rote Linie. Dennoch begegnen wir in unseren Gesprächen vielfach dem Wunsch einer Neuverteilung des Familienvermögens und auch der Anteilsübertragung, einerseits innerhalb der Inhaberfamilie – etwa zwischen Geschwistern oder auch Familienstämmen –, oder aber, wenn eine familieninterne Lösung aufgrund von individuellen Berufswegen, der Finanzierbarkeit oder anderen Gründen nicht gewünscht, gewollt oder darstellbar ist, an einen Neugesellschafter außerhalb der Familie.

Nicht selten liegt dem der Wunsch nach einer breiteren Vermögensdiversifikation durch Verkauf etwa einer Minderheitsbeteiligung und dem Aufbau oder Ausbau einer sich professionalisierenden Gesamtvermögenssteuerung mit unterschiedlichen Kapitalanlageformen zugrunde. Ebenso sehen wir häufig das Bedürfnis nach der Generierung von Wachstumskapital durch die Aufnahme „fremden“ Eigenkapitals über eine Kapitalerhöhung.

Oliver Wunsch: Ich teile alle diese Beobachtungen. Als Beweggründe für Minderheitsbeteiligungen an Familienunternehmen sehe ich im Wesentlichen zwei Bereiche. Zum einen sind dies durch das Unternehmen, d.h. das operative Geschäft verursachte Herausforderungen, die unabhängig von der Gesellschafterstruktur infolge von allgemeinen Unternehmensentwicklungen entstehen können. Dies sind etwa ein Finanzierungsbedarf für (globales) Wachstum, eine Investitionsmaßnahme oder die Erschließung von Finanzierungsquellen jenseits klassischer Bankenkredite. Zum anderen sind dies durch die Gesellschafter verursachte Herausforderungen, die aufgrund der spezifischen Inhaberstruktur von Familienunternehmen entstehen können, wie z.B. ein Finanzbedarf zur Begleichung der Erbschaftsteuer oder zur Auszahlung von Gesellschaftern infolge von Gesellschafterkonflikten, aber auch die angesprochene Individualisierung von Berufs- und Lebenswegen spielt hier eine Rolle. So wird bei aller nach wie vor bestehenden emotionalen Verbundenheit zum Familienunternehmen das mit der Vermögenskonzentration auf die Unternehmensbeteiligung verbundene Klumpenrisiko gerade von der jüngeren Generation kritischer und Lösungsmöglichkeiten nüchterner betrachtet. Folgerichtig sucht gerade die jüngere Generation nach Wegen der Diversifikation, auch durch Veräußerung von Anteilen am Familienunternehmen. Ferner kann die Motivation aber auch darin begründet sein, durch den Mitgesellschafter neue Ideen, Konzepte, aber auch Netzwerke bis hin zu operativer Zusammenarbeit hinzuzugewinnen.

Dies alles lässt sich sowohl über eine Kapitalerhöhung beim Familienunternehmen organisieren, bei der dem Unternehmen unmittelbar weiteres Kapital zugeführt wird, wie auch durch eine Anteilsübertragung aus dem bestehenden Gesellschafterkreis an den neuen Gesellschafter, wobei der Kaufpreis den verkaufenden Gesellschaftern zufließt.

Bevor es zu einem dieser Wege kommt, steht aber zunächst die Grundsatzentscheidung über eine mögliche Öffnung des Gesellschafterkreises an, die in jeder Unternehmerfamilie emotional schwierig ist. Ich habe großes Verständnis für bestehende Sorgen und Verunsicherungen, die eine solche Veränderung mit sich bringen, auch in emotionaler Hinsicht. Natürlich stellt sich die Familie bei der Diskussion über eine mögliche Öffnung des Gesellschafterkreises auch die Fragen nach der eigenen Identität, der Bindungswirkung, nach einem etwa bestehenden Renditedruck bei Aufnahme eines Investors, dem drohenden Verlust des Familienunternehmens durch einen erzwungenen Verkauf und/oder der Gefährdung der operativen Unabhängigkeit. Ebenso bestehen Bedenken in Bezug auf Fragestellungen wie die Einflussnahme auf unternehmerische Entscheidungen, die Offenlegung und Teilung von vertraulichen Informationen, die Ausgestaltung von Stimm- und Kontrollrechten, die Wirkung auf Mitarbeiter, Kunden etc.

Eine mögliche Öffnung des Gesellschafterkreises führt aber nicht zwingend zum Verlust von Bindung zwischen Familie und Familienunternehmen, Kontrolle oder Identität mit dem eigenen Unternehmen. Diese werden im Falle der mehrheitlichen Öffnung des Gesellschafterkreises natürlich verringert. Die Aufnahme eines (familienfremden) Gesellschafters, gerade auch eines Minderheitsgesellschafters, jedoch lässt sich in Abhängigkeit von den Anlässen so gestalten, dass sowohl die bestehende emotionale Verbundenheit zum Familienunternehmen als auch die Hoheit über die Entscheidungsprozesse bestehen bleiben.

Jörg Hueber: Üblicherweise beginnt die Diskussion damit, wer denn ein passender Neugesellschafter sein kann. Dies gilt es zunächst entlang der Bedürfnisse der Inhaberfamilie sowie gleichzeitig des Familienunternehmens zu überprüfen: geht es vorrangig die Maximierung der Verkaufspreishöhe und/oder darum, welche Implikationen ein Gesellschafterwechsel für das Familienunternehmen hat. Letztere umfassen etwa die Bereitstellung von Investitionskapital für das Unternehmen, die Einbringung von Netzwerken, technischen Kenntnissen oder einer bewusst gewollten starken operativen Einbindung.

Danach gilt es zu sortieren, in welcher operationalen und dann auch steuerlich und rechtlich vorteilhaften Struktur die Inhaberschaft (teil-)übertragen werden sollte. Bildet das bestehende Unternehmen den betrieblichen Kern ab? Sind im Privatvermögen oder anderen Beteiligungen gehaltene Vermögenswerte einzubringen oder sind umgekehrt eher privatgenutzte Vermögenswerte oder auch Verpflichtungen auszugliedern?

Allein aus diesen Überlegungen leiten sich dann vielzählige Folgefragen ab wie der Ausgestaltung von Mitentscheidungsrechten, Informationsrechten, Fragestellungen zur (gemeinsamen) Unternehmensstrategie und ihrer Finanzierbarkeit, Gewinnverwendung (Anforderungen an Mindestdividenden? Anforderungen an eine Mindestthesaurierung) und Bereitschaft zur Verlustübernahme, der Verteilung von Stimmrechten und Aufsicht, Fragestellungen eines möglichen Rückkaufs etc.

Oliver Wunsch: Die sorgfältige Auswahl des passenden Neugesellschafters ist entscheidend und abhängig von den Gründen, die die Familiengesellschafter zu diesem Schritt bewegen. Neben strategischen Investoren und den „klassischen“ Private-Equity-Gesellschaften kommen zunehmend auch Family-Equity-Investoren in Betracht, also Unternehmerfamilien, die zwecks Vermögensdiversifikation als Minderheitsgesellschafter in andere Familienunternehmen investieren.

Der Prozess über eine mögliche Öffnung des Gesellschafterkreises und die Aufnahme eines familienfremden Gesellschafters als Investor ist für die einzelnen Gesellschafter häufig nicht leicht. Eine zusätzliche, wenn auch lösbare, Herausforderung stellt es dar, wenn die Interessen der Familiengesellschafter heterogen sind, etwa generationsübergreifend oder bei Vorliegen von verschiedenen Gesellschafterstämmen, die jeweils ihre eigenen Positionen vertreten.

Neben den Sorgen um das Familienunternehmen und dessen langfristigen und nachhaltigen Fortbestand besteht oft auch ein großer Respekt vor der Komplexität und Auswirkung eines solchen Transaktionsprozesses. Kann ein solcher Prozess tatsächlich hinreichend diskret ablaufen – auch gegenüber den eigenen Stakeholdern, wie Mitarbeitern, Kunden und sonstigen Geschäftspartnern, Wettbewerbern etc.? Zahlreiche Praxisbeispiele zeigen, dass dies möglich ist.

Der Diskussions- und Entscheidungsprozess sollte möglichst frühzeitig auch durch erfahrene Berater begleitet werden. Denn schon im Vorfeld der Beteiligung sind häufig die unterschiedlichen Interessen der Unternehmerfamilie, des Unternehmens und der perspektivischen Equity-Investoren in Einklang zu bringen und eine Transaktionsstruktur rechtlich und steuerlich zu gestalten, welche die jeweiligen Interessen berücksichtigt und idealerweise zu einem fairen und angemessenen Ausgleich bringt. Gerade im Interesse der Unternehmerfamilie, aber auch eines möglichen Investors sollte vor dessen Einstieg bzw. in diesem Zuge beispielsweise die Gruppen- und Beteiligungsstruktur sondiert und unter Umständen angepasst werden, z.B. um ein bestehendes Beteiligungsgeflecht zu entflechten und/oder unternehmerische Teilbereiche in gesonderte Sparten zu überführen.

Jörg Hueber: Die formale und strukturelle Ausgestaltung ist eine vorrangig technische Themenstellung. Parallel erarbeiten wir in den Gesprächen mit der Inhaberfamilie eine grundlegende Formulierung des gemeinsamen Werteverständnisses und der strategischen und unternehmerischen Absichten der Unternehmerfamilie und eines Family-Equity-Investoren.

Oliver Wunsch: Aus Sicht der Unternehmerfamilie ist es wichtig, frühzeitig die eigenen Erwartungen und das eigene Werteverständnis zu formulieren und die Absichten des neuen Gesellschafters, d.h. Investors zu verstehen. Es ist sinnvoll, diese allgemeinen Grundsätze beispielsweise über sog. Absichtserklärungen in die vertragliche Dokumentation einfließen zu lassen. Beispiele aus Sicht der Familie können sein:

  • Der Investor hat volles Vertrauen in das gegenwärtige Geschäftsmodell des Familienunternehmens und dessen aktuelles Management und beabsichtigt nicht, auf eine Änderung dieser hinzuwirken. Das bisherige Management soll die Geschäfte nach bisheriger Maßgabe unter Berücksichtigung des aktuellen Geschäftsmodells und der derzeitigen Wachstumsstrategie und unter Beibehaltung des bisherigen Markt- und Markenauftritts weiterführen.
  • Der Investor beabsichtigt, das Familienunternehmen als selbständiges Unternehmen fortbestehen zu lassen, keine wesentlichen Umstrukturierungen der Gruppe, ihrer wesentlichen Tochtergesellschaften und/oder Geschäftsbereiche oder -einheiten vorzunehmen und den derzeitigen Markenauftritt und/oder die Markenidentität nicht zu ändern.
  • Der Investor wird nicht darauf hinwirken, dass das Familienunternehmen seinen Sitz oder seine Hauptverwaltung oder die Standorte seiner wesentlichen Unternehmensteile verlegt oder die Belegschaft und die bestehenden Arbeitnehmervertretungen zu verändern.
  • Der Investor unterstützt die Wachstumsstrategie des Familienunternehmens und ihm stehen ausreichende Finanzmittel zur Verfügung, um die Wachstumsstrategie als zuverlässiger Finanzierungspartner zu begleiten.
  • Je nach den individuellen Bedürfnissen können noch weitere Freiheitsgrade der Eigentümerfamilie wie z.B. die Sicherstellung von Karrierewegen und Ausbildungsplätzen für Familienmitglieder formuliert werden.

Jörg Hueber: Blicken wir auf die Interessen eines Family-Equity-Investoren, der eine Minderheitsbeteiligung an einem (fremden) Familienunternehmen erwirbt. Er hat einerseits ein finanzielles Interesse (Renditeaspekte, Vermögenserhalt), möchte sich gegebenenfalls auch unternehmerisch engagieren. Wir sehen eine Vielzahl von Family-Equity-Investoren, die sich eher in einer Co-Investoren-Rolle zu anderen Investoren sehen, da sie eigene Personalressourcen für ein Beteiligungsmanagement nicht vorhalten. Diese haben ein vorrangig finanzielles Interesse. Andererseits sehen wir eine wachsende Professionalisierung vieler Family-Equity-Investoren (etwa über ein Family Office), die auch einen operativen Mehrwert für das (aus ihrer Sicht Fremd-)Familienunternehmen beitragen.

Oliver Wunsch: Wenn wir die Interessen eines Family-Equity-Investors betrachten, ist zunächst festzustellen, dass er nicht die Ablösung des Managements anstrebt und auch nicht über die Mehrheit der Stimmrechte verfügen möchte. In Abhängigkeit von der Investitionsstrategie – eher passiv im Sinne einer reinen Kapitalbeteiligung oder eher aktiv unternehmerisch – hat eine Aufnahme eines neuen Gesellschafters aber Implikationen sowohl auf die Ebene der Gesellschafter als auch auf die Ebene des Unternehmens selbst, insbesondere dessen Geschäftsführung.

Das zentrale Instrument der Einflussnahme und gleichzeitig das Bindeglied zwischen der Familie und dem Investor ist regelmäßig der Beirat (oder Aufsichtsrat). Der Repräsentant des Investors im Beirat sollte daher eine Vertrauensperson für die Familie sein, da er grundsätzlich die Basis der Zusammenarbeit bildet. Falls das Familienunternehmen noch keinen Beirat hat, wird der Investor die Einrichtung eines solchen zur Voraussetzung seiner Beteiligung machen.

Der Beirat wird in der Regel mit Überwachungs- und Beratungsfunktionen ausgestaltet, berät die Geschäftsführung mit Blick auf das operative Geschäft und steht ihr als Sparringpartner zur Verfügung. In einigen Fällen werden dem Beirat noch weitere Rechte und Aufgaben übertragen, z.B.: Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern, Erlass verbindlicher Weisungen an die Geschäftsführung, Zustimmungsvorbehalte für bestimmte Geschäfte, Bestellung des Abschlussprüfers.

In welchem Umfang der Family-Equity-Investor Beiratsmitglieder nominieren und entsenden darf, hängt von der jeweiligen Verhandlungssituation ab. In der Regel wird die Familie die Mehrheit im Beirat behalten. Um eine Professionalisierung des Beirats zu gewährleisten, werden in der vertraglichen Dokumentation die Voraussetzungen und Qualifikationen der Beiratsmitglieder festgelegt, wobei häufig das unternehmerische Denken der Beiratsmitglieder im Vordergrund steht. In der Regel empfiehlt es sich, auch Industrieexperten als Beiratsmitglieder hinzuzuziehen.

Die größten Auswirkungen auf das Unternehmen selbst erfolgen in den Bereichen Corporate Governance (insbesondere über den vorgenannten Beirat), Controlling und Reporting sowie in der Finanzierung. Üblicherweise werden Zustimmungsvorbehalte vereinbart, wonach bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen (sog. zustimmungspflichtige Geschäfte) nur mit vorheriger Zustimmung des Investors oder des Beirats zulässig sind. Zu den wichtigsten zustimmungspflichtigen Geschäften gehören regelmäßig: Strategie- und Unternehmensplanung, Anschaffungen und Investitionen ab vereinbarten Beträgen, Erteilung von Prokuren und Generalvollmachten, Veräußerung oder Übertragung wesentlicher Unternehmensteile, Erwerb oder Errichtung anderer Unternehmen, zusätzliche Aufnahme von Fremd- oder Mezzanine-Kapital. Die Zustimmungspflicht zur Investitions- und Finanzplanung dient dem Investor – neben seiner Repräsentanz im Beirat, in dem er auch an der Diskussion teilnimmt – in der Regel als zentrales Instrument der Einflussnahme auf die Geschäftsführung des Unternehmens.

Seltener sieht man Sonderrechte des Investors, die bei schlechter Unternehmensentwicklung greifen. Solche Sonderrechte gewähren dem Investor für den Fall, dass bestimmte, im Businessplan festgelegte KPIs (insbesondere Umsatz- und Ertrags- sowie Ertragsmargenziele) nachhaltig und wiederholt verfehlt werden, gesteigerte Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsleitung, z.B. durch den Erhalt der Mehrheit im Beirat oder durch das Recht, einen weiteren Geschäftsleiter zu bestellen.

Die Aufnahme eines neuen Minderheitsgesellschafters hat aber natürlich auch Auswirkungen auf die Ebene der Gesellschafter. Der Investor erwartet grundsätzlich ein Stimmrecht, welches dem Umfang seiner Beteiligung, d.h. seiner Beteiligungsquote am Familienunternehmen entspricht. Gestaltungen, nach denen einem Familienmitglied oder einem Familienstamm – unabhängig von deren Beteiligungsquote – quasi die Rolle eines „Alleingesellschafters“ zukommt, sind damit unvereinbar.

Ferner wird es einen Katalog von bestimmten Maßnahmen auf Inhaberebene geben, welche nicht ohne die Zustimmung des Investors umgesetzt werden dürfen (z.B. Änderung des Gesellschaftsvertrages, Kapitalmaßnahmen, Aufnahme weiterer (familienfremder) Gesellschafter, Umwandlungsmaßnahmen, Änderungen von Geschäftsordnungen, etc.).

Der Unternehmerfamilie ist – gerade dann, wenn sie in mehrere Familienstämme unterteilt ist – zu empfehlen, ihr Stimmverhalten zu organisieren. In der Regel erfolgt dies durch eine Poolvereinbarung – teilweise mit vorgeschalteter Willensbildung innerhalb einzelner Familienstämme. Dies dient dem Schutz der Unternehmerfamilie, um bestimmte Stimmenmehrheiten zu erreichen, aber auch dem Investor, der eine Blockade des Familienunternehmens und dessen Geschäfts durch familieninterne Meinungsverschiedenheiten (sog. Deadlock) vermeiden möchte.

Jörg Hueber: Wir sind gerade auf die Fragestellung von Einflussnahme und der Ausgestaltung von Stimmrechten eingegangen. Für die ihren Gesellschafterkreis öffnende Familie ist die Einflussnahme durch Dritte häufig fremd; allein bereits mit der Aufnahme von Fremdkapital verbundene Offenlegung von Finanzinformationen führt häufig zu einem Unbehagen und wird durch hohe Eigenmittelfinanzierung zu vermeiden versucht. 

Oliver Wunsch: Die Informationstransparenz ist ein wichtiges und regelmäßig sensibles Thema. Zum einen wird ein Investor sicherstellen wollen, dass die Finanzierung des Familienunternehmens eigenständig gesichert ist. Zum anderen benötigt der Investor – unabhängig davon, ob er sich als aktiver oder passiver Investor versteht – gewisse Informationsrechte; auch, um seine eigenen Informationspflichten erfüllen zu können. Er wird regelmäßige und anlassbezogene Berichterstattungen durch die Geschäftsleitung fordern. Wie weitgehend diese im Einzelfall ausgestaltet sind, hängt auch vom jeweiligen Investor und dessen Investitionsstrategie ab. Hier den für beide Seiten fairen und angemessenen Ausgleich zwischen dem Wunsch der Familie nach Offenlegungsbeschränkungen und dem Wunsch des Investors nach Transparenz zu finden, ist eine zentrale Aufgabe der involvierten Berater.

Jörg Hueber: Ich habe eben die Thematik der häufig hohen Innenfinanzierung von Familienunternehmen angesprochen. Diese resultiert insbesondere aus dem Bestreben, sich von externem (Fremd-)Kapital unabhängig zu machen. Investitionen werden bevorzugt durch höhere Thesaurierungspolitik akkommodiert, temporärer größerer Finanzierungsbedarf durch die Übertragung von Finanzmitteln aus dem Privatvermögen etwa über Einlagen bzw. Gesellschafterdarlehen bereitgestellt.

Ein Family-Equity-Investor hat Renditeanforderungen, die sich entsprechend ihres Rendite-Risikoprofils mit anderen Kapitalanlagen messen. Dabei steht aus meiner Beobachtung die Stetigkeit d.h. Berechenbarkeit der Höhe einer jährlichen Rendite im Vordergrund, weniger eine prioritäre Wertsteigerung der Beteiligung, da das Interesse einer kurz- oder mittelfristigen Weiterveräußerung der Beteiligung (mit Gewinn) nicht im vorrangigen Interesse der Mehrzahl der Family-Equity-Investoren steht.

Oliver Wunsch: Klare Regelungen zur Ergebnisverteilung, Ausschüttungspolitik und avisierter Eigenkapitalquote sind – insbesondere aufgrund der teilweise divergierenden Interessen – für die Zusammenarbeit zwischen der Unternehmerfamilie, dem Unternehmen und dem Investor sehr wichtig. Die Renditeerwartungen sind aber in der Regel in Einklang zu bringen. Sind die Familienmitglieder zumeist an regelmäßigen Entnahmen interessiert, um ihren Lebensunterhalt bestreiten und – bei Personengesellschaften – ihre auf die Beteiligung entfallenden Steuern bezahlen zu können, möchte auch der auf eine langfristige Anlage ausgerichtete Investor seinen sog. Return on Investment, d.h. die Verzinsung seines Investments, über regelmäßige Dividenden sichern. Um unterschiedliche Erwartungen an die Höhe der Entnahmen zu berücksichtigen, haben sich in der Praxis Regelungen zu einer Mindestdividende, zu Thesaurierungsquoten und ggf. zu einer Vorzugsdividende für den Investor mit Aufholung von nicht erfolgten Ausschüttungen in Folgejahren etabliert.

Ein in diesem Zusammenhang ganz relevanter Diskussionspunkt ist sicherlich auch die häufig anzutreffende Vermengung von Unternehmens- und Privatsphäre. Wie schon erwähnt wird ein Investor sicherstellen wollen, dass die Finanzierung des Familienunternehmens eigenständig gesichert ist und ferner, dass es zu keinen unerwarteten und unerwünschten Wertabflüssen in Richtung der Unternehmerfamilie kommt. Zum Schutz des Investors werden daher oftmals Regelungen vereinbart, wonach Wertabflüsse, d.h. Zuwendungen von Geld- oder Sachleistungen aus dem Familienunternehmen an seine Gesellschafter oder dessen Angehörige oder verbundene Unternehmen wieder zurückzuerstatten sind, wenn diese nicht vorab vereinbart oder vom Investor gestattet waren.

Jörg Hueber: Für die Bewertung von Familienunternehmen bedarf es häufig höhere Transparenz auch in Sphären außerhalb des Familienunternehmens, sofern es eine Vermengung von privater und unternehmerischer Sphäre gibt (Zuordnung von Betriebsimmobilien, Anstellungsverträge der Familie, Nutzungsüberlassungen, Finanzierung etc.) und da es häufig auch so ist, dass in Eigentümerschaft der Familie mehrere miteinander nicht konsolidierte Unternehmen, Parallelkonzerne und unterschiedliche Gesellschafterverhältnisse in disproportionaler Verteilung unter einzelnen Familienmitgliedern bestehen.

Veräußernde Gesellschafter vergleichen die Bewertungsformel, die in ihren Gesellschafterverträgen für eine etwaige Abfindung bei Übertragung festgelegt sind mit denen, die sie von einem Dritten erwarten, und stellen fest, dass die Bewertungswege und -ergebnisse deutlich unterschiedlich sein können. Investoren von außen versuchen zudem, Bewertungsabschläge zu verhandeln, in denen sie das Ungleichgewicht an Transparenz und Entscheidungsrechten eskomptieren wollen.

Oliver Wunsch: Die Bewertung von Familienunternehmen und einem Minderheitsanteil daran ist ein wichtiger Diskussionspunkt. Der Investor verwendet nach meiner Erfahrung zur Bewertung des Unternehmens und der Minderheitsbeteiligung oftmals das Multiplikator-Verfahren. Er nutzt dafür Unternehmenskenngrößen und Vergleichswerte aus der Industrie. Erfahrungsgemäß ist diese Methodik sowohl praktikabel als auch leicht verständlich. Dennoch stellt sich die Einigung auf einen Unternehmenswert oftmals als komplex heraus. Dies liegt zum einen daran, dass die Bewertung bei Familienunternehmen aus den genannten Gründen besonders anspruchsvoll ist. Zum anderen liegt dies aber wohl auch an unterschiedlichen Perspektiven. Die Unternehmerfamilie möchte natürlich keinen Bewertungsabschlag für die Minderheit gewähren, andererseits bewerten Familienunternehmer aus Sicht von Investoren ihr Unternehmen aber häufig aus nachvollziehbarer emotionaler Verbundenheit und dem hohen Engagement der Eigentümerfamilie über Generationen hinweg zu hoch.

Jörg Hueber: Obwohl Family-Equity-Investoren üblicherweise mit eher langfristigem Beteiligungshorizont einsteigen, kommen die Beteiligten nicht umhin, bereits beim Einstieg Regelungen für ein etwaiges Ausscheiden des Family-Equity-Investoren zu treffen, aus dessen Eigeninteresse, möglicherweise aber auch aus Interesse der Unternehmerfamilie.

Oliver Wunsch: Meiner Erfahrung nach haben beide Seiten ein Interesse an solchen Übertragungsregelungen; diese stellen auch bei Family-Equity-Investoren einen Kern der vertraglichen Dokumentation dar. Denn unabhängig von seinem Beteiligungshorizont möchte auch ein Family-Equity-Investor – jedenfalls unter bestimmten Umständen – die vorgezeichnete Möglichkeit haben, sich von seinem Investment wieder trennen zu können. Aber auch die Familiengesellschafter können ein Interesse haben, nach dem Einstieg des Investors ihre Anteile zu übertragen.

So bleiben Übertragungen der Anteile der Familiengesellschafter auf Angehörige bzw. Abkömmlinge sowie verbundene Unternehmen in der Regel auch nach Aufnahme eines familienfremden Minderheitsgesellschafters weiterhin unter Beachtung steuerlicher Aspekte, wie z.B. Grunderwerbsteuerausgleich, möglich.

Familienunternehmen sind und bleiben in der Regel auch nach Aufnahme eines Minderheitsgesellschafters langfristig orientierte Unternehmen. Die Unternehmerfamilie wird sich daher häufig für den Fall des Ausstiegs des Family-Equity-Investors das Recht sichern wollen, dessen Beteiligung zurückzuerwerben, insbesondere auch um zu verhindern, dass diese Beteiligung an einen (nicht gewünschten) familienfremden Dritten veräußert wird.

Ist der Anteilsrückkauf durch die Familie bereits von vorherein geplant, werden häufig eine vordefinierte Kaufoption zugunsten der Unternehmerfamilie und eine Verkaufsoption des Investors vereinbart. Der jeweilige Kaufpreis ermittelt sich dabei nach vorabgestimmten Bewertungsverfahren, wobei der Investor nicht selten einen Mindestkaufpreis zur Absicherung seiner Renditeerwartung verlangt. Durch die Vereinbarung von solchen Optionen erhält die Unternehmerfamilie eine gewisse Planungssicherheit. Sie weiß genau, wann sie wieviel zahlen muss, um die Minderheitsanteile zurückerwerben zu können. Aber auch für den Investor ist eine solche Option sinnvoll, da er durch den Mindestpreis eine festgelegte sichere Rendite hat und eine Liquidierbarkeit der Minderheitsbeteiligung gewahrt ist.

Im Übrigen wird für ein gewünschtes Ausscheiden des Investors grundsätzlich folgendes Verfahren vereinbart:

Erwägt der Investor den Verkauf seiner Beteiligung an einen Dritten, hat er sie zunächst der Unternehmerfamilie zum Kauf anzubieten. Der Unternehmerfamilie steht dann für einen bestimmten Zeitraum das Recht zu, die Beteiligung selbst zu erwerben oder einen anderen Dritten als Erwerber zu benennen. Der Kaufpreis ermittelt sich entweder nach dem Preis, zu dem ein potenzieller Erwerber den Minderheitsanteil erwerben würde, oder wiederum nach vorabgestimmten Bewertungsverfahren, dann unter Umständen auch wieder mit einem Mindestkaufpreis für den Investor.

Macht die Familie von ihrem Vorerwerbsrecht keinen Gebrauch, hat der Investor das Recht, seine Minderheitsbeteiligung an den Dritten zu veräußern. Teilweise haben die Familiengesellschafter dann das Recht, ihre jeweilige Beteiligung zu proportional gleichen Konditionen ebenfalls an den Dritten verkaufen zu können.

Für den Fall, dass die Veräußerung der Minderheitsbeteiligung nicht gelingt, wünschen Private-Equity-Investoren häufig eine sog. Mitverkaufspflicht (auch Drag-Along-Recht genannt), wonach der Investor von allen Familienmitgliedern den Verkauf ihrer Beteiligungen zu einer proportional gleichen Gegenleistung an einen Dritten verlangen kann; es kommt dann also zum ganzheitlichen Verkauf des Familienunternehmens. Meiner Erfahrung nach werden solche Klauseln, die auf die Familiengesellschafter eine große Abschreckungswirkung haben, von Family-Equity-Investoren sehr viel seltener gefordert.

Jörg Hueber: Ich möchte dies aufgreifen und zum Abschluss unseres Austausches noch kurz auf unterschiedliche Investorengattungen eingehen. Die typisierende Unterscheidung zwischen strategischen Investoren, Private Equity Investoren und Family-Equity-Investoren möchte ich an dieser Stelle nicht weiter thematisieren, eher die Frage einer etwaigen Standardisierung von Prozessen. Während strategische Investoren einem klaren unternehmerischen Kalkül folgen und Private-Equity-Investoren in der Natur ihres Geschäftsmodells vorrangig rendite-orientiert agieren, sind Family-Equity-Investoren weniger typisiert und damit auch weniger greifbar, sowohl hinsichtlich der zeitlichen Dimension ihrer Beteiligung als auch hinsichtlich ihres Interesses an operativer Einbindung und dem Zusammenspiel aus Vermögenserhalt und Rentabilität. In welchen Situationen ist ein Family-Equity-Investor aus Sicht einer sich für Investoren öffnenden Unternehmerfamilie der passende Partner?

Oliver Wunsch: Die Auswahl des Investors stellt sicherlich eine schwierige Entscheidung der Unternehmerfamilie dar. Die grundsätzlich (jedenfalls) auf mehrere Jahre angelegte Partnerschaft bedarf sowohl auf inhaltlicher als auch auf menschlicher Ebene einer guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit. Auch unterscheiden sich die möglichen neuen Gesellschafter in ihrem Verhalten und Investitionsansatz. Nicht zu unterschätzende Auswahlkriterien sind nach meiner Erfahrung die zwischenmenschliche Ebene, das Vertrauen und der persönliche Fit, sowie die Ausrichtung der Investitionsstrategie (Langfristigkeit, Renditeerwartung etc.).

Eine pauschale Einordnung ist jedoch ebenso schwierig wie eine kurze und allgemeine Antwort auf diese Frage. In vielen Fällen wird das Werteverständnis einer Unternehmerfamilie und die langfristige Orientierung einer Beteiligung, wie sie bei einem Family-Equity-Investor bestehen, ein Vorteil sein. Auch werden oftmals Unternehmerfamilie und Family-Equity-Investor ähnliche Denkansätze und Sichtweisen haben, da sie das Unternehmerdasein gemein haben. Ferner werden sich Family-Equity-Investoren häufiger mit nicht standardisierten Transaktionsprozessen anfreunden können. Aber es ist in jedem Einzelfall zu berücksichtigen, welche Bedürfnisse und Beweggründe die Unternehmerfamilie und das Unternehmen haben und welche Kriterien ein Investor zu erfüllen hat. Wichtig ist eine gründliche Bestandsaufnahme und professionelle Diskussion über die Bedürfnisse der sich etwaig öffnenden Familie und des Familienunternehmens. Im Ergebnis plädiere ich für Gesprächs- und mindestens Gedankenoffenheit in verschiedene Richtungen.

Jörg Hueber: Lieber Oliver Wunsch, herzlichen Dank für unseren Austausch.

 

PETER MAY Family-Equity-Netzwerk

Aufgrund unserer langjährigen Zusammenarbeit mit den Eigentümern von Unternehmen und Family Offices verfügen wir in der PETER-MAY-Gruppe in einzigartiger Weise über den Zugang zu Investoren aus der Welt der Familienunternehmen (Family Equity), die eben gerade das Werteverständnis eines Familienunternehmers in sich tragen, weil sie es selber sind oder durch ihre Inhaberfamilie kontrolliert sind. Family-Equity-Investoren umfassen Unternehmerfamilien, Family Offices und Familienunternehmen, die ihr Kapital in anderen Familienunternehmen anlegen und als Unternehmer ein vergleichbares Werteverständnis mitbringen. Neben einem reinen Kapitalbeitrag möchten sich Family-Equity-Investoren teilweise auch unternehmerisch einbringen, je nach ihrer eigenen Organisationsform sowie Anlage- und Beteiligungsstrategie.

Wir verfügen über ein breites Netzwerk von mehreren hundert Family-Equity-Investoren, verstehen deren Beteiligungskriterien und unterstützen Inhaber von Familienunternehmen im Zugang zu diesen möglichen Investoren. 

 

Über die Gesprächspartner

Dr. Oliver Wunsch ist Rechtsanwalt und Partner der VOIGT WUNSCH HOLLER Partnerschaft von Rechtsanwälten in Hamburg. Seit mehr als 20 Jahren betreut er Familienunternehmen, Finanzinvestoren und börsennotierte Gesellschaften ebenso wie Privatpersonen bei nationalen wie auch grenzüberschreitenden Transaktionen. Familienunternehmen und deren Gesellschafter begleitet er zudem regelmäßig bei der Gestaltung ihrer Gesellschaftsverträge und Corporate Governance, bei der Unternehmensnachfolgeplanung und bei der Neuordnung des Gesellschafterkreises, insbesondere im Zusammenhang mit der Aufnahme und dem Ausscheiden von Gesellschaftern. Des Weiteren begleitet er Unternehmerfamilien und Family Offices beim Einstieg in börsennotierte und nicht-börsennotierte Unternehmen. Vor der Gründung der eigenen Kanzlei war er viele Jahre für die internationale Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer tätig.

Jörg Hueber ist Geschäftsführender Gesellschafter der PETER MAY Family Office Service GmbH & Co.KG und befasst sich mit der Übertragung von Anteilen an Familienunternehmen innerhalb der Familie, zu Abfindungsregelungen für Gesellschafter bei Kündigung ihrer Gesellschafterrolle, zu Fragestellungen der Öffnung des Gesellschafterkreises sowie mit Beratungsleistungen des Kaufs und Verkaufs von Unternehmensbeteiligungen für Familienunternehmen, Inhaberfamilien und Family Offices. Vor seiner Tätigkeit in der PETER MAY Gruppe ist Jörg Hueber mehr als 20 Jahre in international führenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Investmentbanken tätig gewesen und hat den M&A-Bereich eines börsennotierten Unternehmens verantwortet.